Kanzlei für Erbrecht Rechtsanwalt M. Kühn
Otto B.: Folgender Fall: Herr B., selbstständig als Handwerker alleinarbeitend, hat, während er verheiratet war, von seinen Eltern ein Baugrundstück geerbt, auf dem ein Haus stand und in dem die Eltern bis zu ihrem Tod wohnten. Herr B. musste zum gerechten Ausgleich an seinen Bruder eine vereinbarte Zahlung leisten. Er wurde nach dem Erbe Alleineigentümer und ist als solcher bis heute allein im Grundbuch eingetragen und hat zwei erwachsene Kinder. Während seiner Ehe hat er vor circa 30 Jahren auf dem großen Grundstück ein zusätzliches Haus gebaut, das er bewohnt. Das alte Haus ist vermietet, beide Häuser haben in etwa den gleichen Wert gemessen am Vermietungswert. Es besteht kein Testament. Hat seine Frau (nicht im Grundbuch eingetragen) im Laufe der Abzahlung der Erb- und Bauschulden Miteigentum erworben? Wenn ja, in welcher Höhe, und wie wird das berechnet, wenn man voraussetzt, dass beide gleich viele Vermögenswerte mit in die Ehe gebracht haben? Was ist mit dem Erbe, wenn zuerst der Mann stirbt, und was ist, wenn zuerst die Frau stirbt? Welche Rechte können/werden die Kinder unabdingbar ausüben, zum Beispiel dass der ganze Besitz zum Zwangsverkauf kommt, was sie gerne bereits jetzt machen würden?
Markus Kühn: Wer Eigentümer der Immobilien ist, richtet sich grundsätzlich allein nach dem Grundbuch. Frau B. hat danach also nicht aufgrund der Ehe oder der Zahlungen von Verbindlichkeiten Miteigentum erhalten. Sofern Herr B. keinen Ehevertrag oder anderweitige Regelungen getroffen haben, könnten die Wertsteigerungen der Immobilien während der Ehe im Rahmen eines Zugewinnausgleichsanspruchs der Frau in Frage kommen.
Wenn der Mann zuerst verstirbt und es kein Testament gibt, erben die Frau und die Kinder gemeinsam. Lebten die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft beträgt die Erbquote der Ehefrau grundsätzlich ½, die der beiden Kinder je ¼. und alle drei bilden eine Erbengemeinschaft. Jeder Miterbe kann dann die Beendigung der Erbengemeinschaft verlangen. Dazu müssen sich die Miterben auch einigen, wie mit den Immobilien verfahren wird, ob diese zum Beispiel verkauft oder unter den Erben aufgeteilt werden. Können sie sich nicht einigen, kann schlimmstenfalls jeder Erbe die sogenannte Teilungsversteigerung beantragen, damit die Immobilien „flüssig“ gemacht und der Erlös verteilt werden kann. Wenn die Frau zuerst stirbt, passiert hinsichtlich der Immobilien nichts, da diese im Alleineigentum des überlebenden Mannes stehen. Wenn Herr B. die beschriebene Situation bei seinem Erstversterben vermeiden und regeln will, muss er eine letztwillige Verfügung mittels Testament oder Erbvertrag treffen.
Jakob A.: "Wir sind drei Geschwister. Mein Bruder ist vor Jahren mit seinem Unternehmen pleite gegangen. Zudem gab es in dem Zusammenhang wohl diverse Unrechtmäßigkeiten mit der Sozialversicherung, weshalb er auf Jahre hinaus an den Fiskus Geld abgeben muss, das über einem bestimmten monatlichen Freibetrag liegt. Er hat wieder eine Stelle in einer anderen Firma gefunden. Nun ist mit unserer Mutter der letzte Elternteil gestorben und wir drei Geschwister sind die Erben. Es geht um Immobilien im von mir geschätzten Wert von 1,5 bis zwei Millionen Euro. Die Häuser werden wir verkaufen und würden normalerweise das Geld einfach aufteilen. Doch alles was mein Bruder bekäme, müsste er sofort an den Staat abgeben. Meine Frage: Ist es möglich, dass er seinen Anteil quasi durchwinkt an seine beiden Söhne? Also, dass sie an seiner Stelle erben?"
Markus Kühn: Eine direkte Weiterleitung ist nicht möglich. Als Miterbe ist Ihr Bruder auch Miteigentümer der Immobilien. Die Weitergabe dieser Anteile oder auch des Verkaufserlöse an seine Kinder wäre eine (neue) Schenkung. Zu denken wäre aber daran, dass Ihr Bruder die Erbschaft ausschlägt. Bei einer Ausschlagung gilt die Erbschaft als von Anfang an nicht angefallen und sie fällt dem zu, der berufen wäre, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Gab es kein Testament, gilt also gesetzliche Erbfolge, wären dann grundsätzlich seine Kinder die Erben. Gab es ein Testament, kommt es darauf an, ob darin Ersatzerben benannt wurden. Für die Ausschlagung besteht aber nur eine kurze Frist von sechs Wochen. Das Recht zur Annahme der Erbschaft als höchstpersönliches Recht kann von einem Gläubiger grundsätzlich nicht gepfändet werden. Die Pfändung des Erbanteils kann die Ausschlagung durch den Schuldner nicht verhindern und der Gläubiger hat grundsätzlich keine Möglichkeit an Vermögenswerte zu kommen. Moralisch kann man dies natürlich durchaus hinterfragen. In der Rechtsprechung wurde allerdings beispielsweise bei der Ausschlagung zur Vermeidung des Zugriffs des Sozialhilfeträgers mitunter vertreten, dass dies sittenwidrig und damit unwirksam sei. Hinsichtlich der Sittenwidrigkeit von Pflichtteilsverzichten behinderter Leistungsbezieher hat der Bundesgerichtshof dies verneint. Es besteht aber insoweit noch eine gewisse Restunsicherheit, ob der BGH die „negative Erbfreiheit“ auch in anderen Fällen anerkennen würde.
Eva V: "Ich bin 1948 unehelich geboren bin und habe eine jüngere Schwester (vom selben Vater und derselben Mutter) und außerdem zwei Halbschwestern aus der Ehe meiner Mutter (beide Halbschwestern sind älter als ich. Ich möchte nun wissen: Wie ist die Erbfolge beim Tode meiner jüngsten Schwester? Sind alle drei Schwestern als gleich verwandt oder nicht verwandt anzusehen?"
Markus Kühn: Ich gehe davon aus, dass Ihre jüngste Schwester weder verheiratet ist, noch Kinder hat. Ferner verstehe ich Sie so, dass Sie und Ihre jüngste Schwester den gleichen Vater und die gleiche Mutter haben. Weiter unterstelle ich, dass Ihre Mutter und Ihr Vater bereits verstorben sind. Sofern Ihre jüngste Schwester kein Testament erstellt hat, würde die gesetzliche Erbfolge bei ihrem Tod wie folgt aussehen: Wenn eine Erblasserin keine Abkömmlinge hat und auch ihre Eltern nicht mehr leben, treten an deren Stelle die anderen Abkömmlinge der Eltern. Da Ihr gemeinsamer Vater bereits vorverstorben ist, treten Sie als dann einziger Abkömmling in seine Erbenstellung ein und erben seine Hälfte. Dazu müssten Sie aber gegebenenfalls nachweisen können, dass Sie Abkömmling Ihres Vaters sind (sofern dieser die Vaterschaft nicht anerkannt hat oder sie bereits gerichtlich festgestellt wurde). Abkömmling seines Vaters ist ein nichteheliches Kind im Rechtssinne, wenn der Vater nach dem 01.07.1970 gestorben ist. Die andere Hälfte mütterlicherseits teilen Sie sich mit den beiden Halbschwestern, sodass davon jede 1/6 erhält. Im Ergebnis erben Sie dann zu (½ + 1/6 = ) 2/3 und Ihre Halbschwestern erhalten je 1/6.
Resi K.: "Meine Eltern haben zwei Kinder und eine Doppelhaushälfte (70er-Jahre). Wie läuft denn die gesetzliche Erbfolge ab, wenn ein Elternteil verstirbt, der andere jedoch im Haus leben bleibt. Welche Gefahren gibt es bezüglich der Erbschaftssteuer?"
Markus Kühn: Wenn Ihre Eltern keinen Ehevertrag geschlossen und damit im gesetzlichen Güterstand leben, erben beim Tod des erstversterbenden Elternteils der überlebende Ehegatte zu ½ und die beiden Kinder zu je ¼. Sofern das Haus den Eltern je zur Hälfte gehört, bedeutet das, dass nach dem Erbfall der überlebende Ehegatte zu ¾ Eigentümer ist und die beiden Kinder zu je 1/8. Hier besteht vor allem für den überlebenden Elternteil die Gefahr, dass eines oder beide Kinder das Haus „versilbern“ wollen. Schlimmstenfalls kann jeder Miteigentümer das Haus im Wege der sogenannten Teilungsversteigerung versteigern lassen. Wenn Sie sich jedoch alle einig sind, spricht natürlich nichts dagegen, dass der überlebende Elternteil im Haus wohnen bleibt. Gegebenenfalls können Sie und Ihr Geschwister auch verlangen, dass das Elternteil dann eine Art Miete zahlt. Sofern die Erbmasse nur aus dem Haus besteht, fällt für den überlebenden Elternteil keine Erbschaftsteuer an, wenn er zehn Jahre in dem Haus wohnen bleibt. Daneben gibt es für den Ehegatten des Erstverstorbenen auch noch einen Freibetrag von 500.000 Euro. Die Kinder haben einen Freibetrag von jeweils 400.000 Euro nach jedem Elternteil. Sofern der Wert des Erbteils von je 1/8 bzw. im zweiten Erbfall je 1/2 jeweils unter diesem Wert bleibt, fällt auch für die Kinder keine Erbschaftsteuer an.
Heidi H.: "Eine Schwester meines Mannes ist kinderlos verstorben. Ein Testament ist wahrscheinlich nicht vorhanden, so dass wohl die gesetzliche Erbfolge gilt. Die Eltern leben nicht mehr. Mein Mann (Bruder) und eine Schwester sind die nächsten Verwandten. Weitere Geschwister sind bereits verstorben, sie hinterließen drei Söhne. Sind diese Neffen gleichberechtigte Erben wie die beiden Geschwister?"
Markus Kühn: Bei der gesetzlichen Erbfolge - wenn es, wie Sie richtig sagen, kein Testament gibt – gilt unter anderem das sogenannte Parentelsystem. Danach werden die Verwandten des Erblassers in verschiedene Ordnungen eingeteilt. Zu einer Ordnung gehören die Personen, die von einer Person abstammen. Ihr Mann, seine Schwester und die die Neffen sind alle Abkömmlinge der Eltern der verstorbenen Schwester und gehören somit der 2. Ordnung an. Innerhalb dieser 2. Ordnung gilt des Weiteren das Prinzip der Erbfolge nach Stämmen: Danach treten an die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings seine Abkömmlinge. Das bedeutet hier, dass die Neffen an die Stelle der vorverstorbenen Geschwister treten. Gab es beispielsweise drei weitere vorverstorbene Geschwister mit je einem Sohn (Ihre Schilderung ist hier nicht eindeutig), erbt jeder Stamm (also Ihr Mann, seine Schwester und jeder Neffe) 1/5. Sind die 3 Neffen hingegen die Kinder von zwei vorverstorbenen Geschwistern, erben Ihr Mann und seine Schwester je ¼. Hatte ein Geschwister nur ein Kind erhält dieses ebenfalls ein Viertel und die beiden übrigen Neffen teilen sich das verbliebene Viertel ihres Stammes, erben also je 1/8.
Marianne J.: "Der Mann meiner Freundin hatte 500 Euro auf dem Sparbuch und eine Sterbeversicherung von 7000 Euro abgeschlossen. Der Mann ist verstorben. Von der Sterbeversicherung bleiben nach der Beerdigung 2000 Euro übrig. Also bleiben 2500 Euro als Restgeld. Es gibt kein Testament. Kann meine Freundin alleine über das Restgeld verfügen oder muss sie einen Pflichtteil an ihre zwei Kinder abgeben?"
Markus Kühn: Da es kein Testament gibt, kam es zur gesetzlichen Erbfolge. Danach sind Ihre Freundin und die Kinder Miterben geworden, sie bilden eine sogenannte Erbengemeinschaft. Unterstellt, Ihre Freundin und ihr Mann hatten keinen Ehevertrag abgeschlossen, beträgt die Erbquote Ihrer Freundin ½, die der Kinder jeweils ¼. Von dem Nachlassvermögen von 2500 Euro stehen somit Ihrer Freundin 1250 Euro zu, den Kindern jeweils 625 Euro. Zur Klarstellung: Bei dem Anspruch der Kinder handelt es sich nicht um einen Pflichtteil. Einen Pflichtteilsanspruch haben Kinder, die nicht Erbe geworden sind, weil sie durch ein Testament enterbt wurden. Hier sind die Kinder aber aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erben geworden.
Ferdinand W.: "Meine Schwester ist verstorben. Laut ihrem Testament sollen ihre Geschwister zu gleichen Teilen erben. Zum Todeszeitpunkt waren noch vier Geschwister am Leben, drei schon gestorben. Werden die Abkömmlinge der verstorbenen automatisch zu Ersatzerben, wenn das von der Erblasserin aber nicht angeordnet war? Oder verteilt sich die Erbmasse auf die verbleibenden Geschwister? Wie wäre die Rechtslage, wenn die gesetzliche Erbfolge zum Tragen käme? Außer den Geschwistern und deren Abkömmlingen gibt es keine weiteren näheren Verwandten."
Markus Kühn: Nach der gesetzlichen Erbfolge (also ohne Testament) würden Sie und Ihre noch lebenden Geschwister je 1/7 erben. Jedem Stamm der verstorbenen Geschwister stünde ebenfalls 1/7 zu. Wenn also zum Beispiel ein verstorbener Bruder drei Kinder hinterlassen hätte, würden diese je 1/21 erhalten. Da Ihre verstorbene Schwester (Erblasserin) aber ein Testament verfasst hat, gilt hier wohl etwas anderes. Nach der gesetzlichen Regelung in § 2094 BGB wächst der Erbteil eines vorverstorbenen Erben, der nicht Abkömmling des Erblassers ist, grundsätzlich den übrigen Erben an. Dann erben also nur die noch lebenden Erben. Voraussetzung für diese Anwachsung ist, dass die eingesetzten Erben nach dem Willen des Erblassers die alleinigen Erben sein sollen und die gesetzliche Erbfolge vollständig ausgeschlossen sein soll. Die gesetzliche Erbfolge wäre insbesondere nicht vollständig ausgeschlossen, wenn Ihre verstorbene Schwester Raum für die gesetzliche Erbfolge gelassen hätte, indem sie in ihrem Testament nur über einen Teil der Erbschaft verfügte. Ist dies nicht der Fall wäre weitere Voraussetzung für die Anwachsung bei den überlebenden Geschwistern, dass die Erblasserin die Anwachsung nicht ausgeschlossen hat. Der Ausschluss muss zwar Bestandteil eines Testaments sein, braucht aber nicht ausdrücklich erklärt zu werden. Der entsprechende Erblasserwille muss durch Auslegung ermittelt werden können, wobei die Beweislast derjenige trägt, der sich auf den Ausschluss beruft.
Hedwig S.: "Seit fast 25 Jahre lebe ich mit meinen Partner in seinem Haus ohne Trauschein zusammen. Wir sind beide verwitwet und haben jeder 2 Kinder. Mein Partner ist inzwischen im hohen Alter und vermögend. Er hat bis heute noch kein Testament gemacht, da er der Meinung ist, dass seine beiden Kinder sowieso seine gesetzlichen Erben sind. Wie sieht es mit einer Hinterbliebenenversorgung für mich aus? Gibt es hierzu Gesetze, oder geht das nur über ein Testament?"
Markus Kühn: Ihr Partner hat Recht: Zwischen nicht verheirateten Lebensgefährten besteht kein Erbrecht und schon gar kein Pflichtteilsrecht. Erben Ihres Partners sind grundsätzlich allein seine beiden Kinder. Sie als nichteheliche Lebensgefährtin würden im Erbfall wie eine beliebige Dritte behandelt, eine Hinterbliebenenversorgung erhielten Sie nicht. Lediglich der sogenannte Dreißigste stünde Ihnen zu. Danach könnten Sie nach dem Tod Ihres Partners von den Erben 30 Tage lang Unterhalt verlangen und die Wohnung in dieser Zeit weiter benutzen. Um Ihnen bei seinem Versterben auch etwas zukommen zu lassen und Sie abzusichern, müsste Ihr Partner ein Testament verfassen oder Sie müssten beide einen entsprechenden notariellen Erbvertrag abschließen. Natürlich kann er Ihnen auch lebzeitig etwas zuwenden. Auch könnten er Ihnen lebzeitig oder mittels Testament beispielsweise ein Wohnrecht zukommen lassen.
Ulrike L.: "Mein geschiedener Mann und ich besitzen eine Eigentums-Wohnung (Wert: zirka 280.000 Euro). Mein Ex-Mann schreibt kein Testament, da er davon ausgeht, dass die Wohnung automatisch an die Kinder geht (bzw. an mich). Ist das soweit in Ordnung? Oder ist doch ein Testament ratsam?"
Markus Kühn: Ich unterstelle, dass Ihre gemeinsamen Kinder auch die einzigen Kinder Ihres Ex-Mannes sind. Sofern er nicht wieder heiratet, keine weiteren Abkömmlinge zeugt, keine weiteren Kinder nachträglich bekannt werden oder er niemanden adoptiert, ist es grundsätzlich richtig, dass Ihre gemeinsamen Kinder erben, wenn er kein Testament verfasst. Sofern Ihre Kinder nicht Erbe werden, weil sie vorverstorben sind oder das Erbe ausschlagen, erben aber nicht Sie, sondern die nächsten Verwandten Ihres Ex-Mannes. Als Ex-Frau steht Ihnen kein gesetzliches Erbrecht zu. Will Ihr Mann sicherstellen, dass Sie Erbin werden, falls Ihre Kinder nicht erben, ist ein Testament dringend zu empfehlen.
Maria H.: "Mein Mann ist heuer gestorben. Wir haben zwei Söhne. Mein Mann hatte noch eine außereheliche Tochter, mit der er 2011 eine notarielle Erbverzichtserklärung angefertigt hat. Sie wurde damals finanziell ausbezahlt. Was ist nun wenn meine beiden Söhne vor ihr sterben? Würde die außereheliche Tochter sie dann beerben?"
Markus Kühn: Wenn einer Ihrer Söhne vor Ihnen und der außerehelichen Tochter stirbt, würden nach der gesetzlichen Erbfolge – wenn es also kein abweichendes Testament des Sohnes gibt – Sie und der andere Sohn jeweils zur Hälfte erben. Dabei habe ich unterstellt, dass Ihre Söhne nicht verheiratet sind und alle drei Kinder Ihres Mannes keine eigenen Kinder haben. Sonst würden die Ehefrau und die Kinder des verstorbenen Sohnes erben.
Die Wirkung des Erbverzichts eines Abkömmlings des Erblassers erstreckt sich auf die Abkömmlinge des Verzichtenden, sofern in der notariellen Urkunde nichts anderes bestimmt wird.
Wenn die außereheliche Tochter seinerzeit den Erbverzicht nur für sich, nicht aber für ihre Abkömmlinge erklärt hätte und sie Kinder hat, würden diese Kinder mit einer entsprechenden Quote wie der überlebende Sohn erben. Denn an Stelle des erbberechtigten, aber vorverstorbenen Vaters, treten dessen Abkömmlinge. Beispiel: Die außereheliche Tochter hat zwei Kinder und der Erbverzicht wurde nur auf sie beschränkt, dann erben Sie zur Hälfte, Ihr Sohn zu einem Viertel und die (außerehelichen) Enkel Ihres Mannes je ein Achtel.
Würden Sie im Beispiel auch schon vorverstorben sein, würde der Bruder ¾ und die Enkel des Vaters je 1/8 erben.
Diese Folgen – vorausgesetzt der Erbverzicht gilt nicht auch für Abkömmlinge der außerehelichen Tochter - könnten Ihre Söhne leicht vermeiden, wenn sie eigene Testamente errichten, sodass es bei deren Tod nicht zur gesetzlichen Erbfolge kommt.
Werner O.: "Mein Großvater (verstorben 1954) besaß in Rumänien/Siebenbürgen ein kleines Gut, das 1945 der Staat enteignete. Er hatte einen Sohn, mein Onkel (verstorben 1984) und eine Tochter, (verstorben 2007). Der Sohn hat aus erster und aus zweiter Ehe je einen Sohn, die beide leben. Die Tochter (meine Mutter) hat drei Töchter geboren, die alle noch leben. Im Jahre 2010 konnte nun, da Rumänien zur EU gehört das Gut vom Staat zurückgefordert werden, was auch gelang. Nun meint meine Tante, die zweite Frau des verstorbenen Onkels, Ansprüche zu besitzen, da ihr Mann, mein Onkel, ein Berliner Testament ausgefertigt hatte und sie darin als Alleinerbin aufgeführt ist. Bitte teilen Sie mir doch mit, wer von den oben genannten Personen wirklich erbberechtigt ist."
Markus Kühn: Ich gehe davon aus, dass Ihr Großvater deutscher Staatsbürger war und im gesetzlichen Güterstand lebte. Hatte er kein Testament gemacht, so wurden Ihre Mutter und Ihr Onkel Miterben zu je ein Halb, wenn zum Zeitpunkt seines Todes Ihre Großmutter bereits vorverstorben war. Anderenfalls wären ohne Testament Ihrer Großeltern Ihre Mutter und Ihr Onkel zumindest nach dem Tod der Großmutter Miterben zu je ein Halb geworden, wenn Ihre Großmutter keine weiteren Abkömmlinge hatte. Zum Nachlassvermögen gehörte grundsätzlich das Grundstück in Rumänien bzw. der Anspruch auf Rückübertragung. In die Rechtsposition der beiden Miterben traten nach deren Tod grundsätzlich deren Erben. Das heißt, Sie und Ihre drei Schwestern (sowie möglicherweise noch Ihr Vater) sind vermutlich Miterben zu gleichen Teilen am Miterbenanteil Ihrer Mutter geworden. Wenn Ihr Onkel ein Testament erstellt hat, in dem er seine Frau als Alleinerbin eingesetzt hat, ist diese Erbin seines Miterbenanteils geworden. Gehört zu dem Miterbenanteil nach dem Großvater nur noch das Grundstück, würden danach Sie und Ihre drei Schwestern zu je 1/8 und die Frau des Onkels zu ½ eine Miterbengemeinschaft an dem Grundstück bilden. Auch wenn die Frau des Onkels einen größeren Anteil an der Miterbengemeinschaft am Grundstück besitzt, kann sie aber nicht allein über dieses verfügen und bestimmen. Jeder Miterbe hat zudem einen Anspruch darauf, dass die Miterbengemeinschaft aufgelöst wird. Bitte beachten Sie, dass ich zur Beantwortung Ihrer Frage einige Annahmen treffen musste und meine Antwort daher nur eine unverbindliche erste Einschätzung darstellen kann.
Walter M.: "Mein Neffe ist verstorben. Ein Testament ist nicht vorhanden. Sind außer den Eltern auch die Geschwister erbberechtigt ?"
Markus Kühn: Ist kein Testament vorhanden, richtet sich die Erbfolge nach der gesetzlichen Regelung. Die Erbfolge von Verwandten erfolgt dabeig nach einem System von Ordnungen. Jeder Angehörige einer vorhergehenden Ordnung schließt Angehörige der späteren Ordnung von der Erbfolge aus. Geschwister sind neben den Eltern gesetzliche Erben der zweiten Ordnung. Sie können nur dann zum Zug kommen, wenn keine Verwandten der ersten Ordnung, also Kinder oder Enkel des Erblassers vorhanden sind. Leben allerdings beide Eltern noch, erben diese allein und zu gleichen Teilen. Lebt ein Elternteil nicht mehr, treten an dessen Stelle seine Abkömmlinge. Dann würden also die Geschwister den Erbteil des vorverstorbenen Elternteils übernehmen.
Edmund K.: "Meine Ehefrau und ich haben bei unserer Heirat Gütertrennung vereinbart (notarieller Ehevertrag). Meine Frau hat zwei Kinder, die ihre Immobilien erben sollen (Gesamtwert ca. 700.000 Euro). Dieser Wunsch ist im Ehevertrag festgehalten. Ich habe keine eigenen Kinder und auch keine adoptiert. Meine Immobilie hat einen Wert von ca. 650.000 Euro. Gelten im Erbfall bei Gütertrennung die gleichen gesetzlichen Regelungen wie bei Gütergemeinschaft? Wie sieht es mit dem Pflichtteilsanspruch der beteiligten Personen aus? Wie ist die Situation im Erbfall? Es existiert kein Testament."
Markus Kühn: Nach der gesetzlichen Grundregel erbt ein Ehegatte neben Abkömmlingen zu ¼. Die Abkömmlinge des Erblassers teilen sich den Rest, also ¾. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erbt der Ehegatte zur Hälfte. Sind weder Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung vorhanden, erhält der Ehegatte die ganze Erbschaft. Diese Grundregel wird durch den Güterstand der Ehegatten aber modifiziert: Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (kein Ehevertrag), wird bei Tod eines Ehegatten der Ausgleich des Zugewinns grundsätzlich dadurch bewirkt, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ¼ erhöht. Bei zwei Kindern des Erblassers würde also der Ehegatte ½ und die beiden Kinder je ¼ erhalten. Im Güterstand der Gütertrennung gibt es diese pauschale Erhöhung des Erbteils um ¼ nicht. Hier gilt aber, dass der Ehegatte bei ein oder zwei Kindern so viel wie die Kinder erben soll. Das bedeutet, bei einem Kind erbt er ½, bei zwei Kindern 1/3. Bei drei und mehr Kindern bleibt es bei der Grundregel von ¼.
Für Sie heißt das: Sterben Sie zuerst, erbt Ihre Frau allein, wenn es keine sonstigen Verwandten der ersten oder zweiten Ordnung (Eltern und deren Abkömmlinge) oder Großeltern gibt. Stirbt Ihre Frau zuerst, erben Sie neben den Kinder der Frau zu 1/3 und bilden eine (oftmals streitträchtige) Erbengemeinschaft mit diesen. Wollen Sie von der gesetzlichen Erbfolge abweichen, müssen Sie und/oder Ihre Frau ein Testament machen. Erbt dann ein Ehegatte oder ein Kind weniger als nach der gesetzlichen Erbfolge, steht ihm grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Anspruches zu.
Manfred S.: "Unsere Tante ist kinderlos, hat jedoch eine Stieftochter (Tochter des verstorbenen Ehemannes). Wir sind die einzigen leiblichen Verwandten unserer Tante. Wer ist nun im Falle ihres Ablebens erbberechtigt? Die Stieftochter oder wir oder beide Seiten?"
Markus Kühn: Aufgrund Ihrer Schilderung gehe ich von folgendem aus: Ihre Tante hat noch kein Testament gemacht und Sie sind als Neffe der nächste Verwandte. Sind die anderen Personen, von denen Sie sprechen, ebenfalls Neffen oder Nichten, gilt für diese grundsätzlich die gleiche gesetzliche Erbfolge wie bei Ihnen.
Nach dem gesetzlichen Erbfolgesystem sollen grundsätzlich die nächsten Verwandten Erben werden. Die verschiedenen Verwandschaftsgrade werden in sogenannte Ordnungen eingeteilt. In diesem Ordnungssystem schließt ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung alle Verwandte der nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge aus. Zur ersten Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, zur zweiten seine Eltern und deren Abkömmlinge. Als Neffe würden Sie bei Versterben Ihrer Tante der zweiten Ordnung angehören und – da keine Verwandten erster Ordnung leben - allein oder gemeinsam mit anderen Erben zweiter Ordnung erben. Die Stieftochter ist grundsätzlich nicht mit Ihrer Tante verwandt, sondern ist nur ein Abkömmling Ihres bereits verstorbenen Vaters. Ihr steht daher auch kein gesetzliches Erbrecht nach Ihrer Tante zu.
Angelika H.: "Unser Onkel, verwitwet, keine Kinder, ist gestorben. Er war der Bruder unserer Mutter, die ebenfalls nicht mehr lebt. Wir sind sieben Geschwister. Sind wir als einzige Verwandte, die noch leben, erbberechtigt - auch ohne Testament?
Sollte ein Geschwister vor unserem Onkel sterben, sind dann dessen Kinder und der Ehegatte automatisch erbberechtigt?
Kann man das Erbe per Testament weiter vererben?
Markus Kühn: Stirbt ein Erblasser ohne ein Testament verfasst zu haben, kommt die gesetzliche Erbfolge des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung. Danach gilt eine Verwandtenerbfolge, die durch Blutsverwandtschaft in gerader und Seitenlinie gekennzeichnet ist. Primär sollen die dem Erblasser verwandtschaftlich am nächsten stehenden Personen erben. Fällt der gesetzlich eigentlich Berufene durch Vorversterben weg, soll seine Position dadurch gewahrt bleiben, dass seine Abkömmlinge an diese Stelle treten (Eintrittsprinzip). Das bedeutet in Ihrem Fall: Stirbt ein Geschwisterteil vor dem Onkel, treten seine Kinder in die Position des Geschwisterteils ein. Der Erbteil des Geschwisterteils teilt sich dann auf seine Abkömmlinge auf. Alle Erben bilden eine Erbengemeinschaft, sind also gemeinsam am Nachlass beteiligt. Eine Erbengemeinschaft ist zwar grundsätzlich nicht auf Dauer angelegt und jeder Miterbe kann verlangen, dass sie durch Auseinandersetzung beendet wird. Verstirbt aber ein Miterbe vor Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft fällt sein Miterbenanteil an der Erbengemeinschaft nach Ihrem Onkel in seinen Nachlass, wird also von seinen Erben geerbt. Das gilt natürlich auch, wenn eines Ihrer Geschwister seine Erben mittels Testament bestimmt.
Helga H.: "Mein Bruder ist verstorben. Er hatte keine Familie und kein Vermögen. Muss ich die Bestattungskosten tragen?"
Markus Kühn: Die Kosten einer Beerdigung treffen nach § 1968 BGB den Erben. Dazu gehören unter anderem auch die Ausgaben für die üblichen Feierlichkeiten, für das Grabmal und die Erstanlage der Grabstätte. Sind die Kosten vom Erben nicht zu erlangen, haften eventuell vorhandene Unterhaltspflichtige. Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Totenfürsorge: Das Recht und die Pflicht, für die Beerdigung des Erblassers zu sorgen und die Art und Weise der Bestattung zu bestimmen, hat nicht unbedingt der Erbe. Falls der Erblasser selbst nichts über die Art seiner Bestattung angeordnet hat, ist es Sache der nächsten Angehörigen zu bestimmen, wo, in welcher Weise und welchem Rahmen die Bestattung erfolgen soll. Ein zur Totenfürsorge verpflichteter, aber nicht erbberechtigter Verwandter kann zivilrechtlich für die ihm entstandenen Beerdigungskosten Ersatz von den Erben verlangen. Er muss aber gegebenenfalls nach den öffentlich-rechtlichen Regelungen in den entsprechenden Friedhofs- und Bestattungsgesetzen der Bundesländer zunächst die Kosten der Beerdigung tragen.
Manfred T.: "Ich (Rentner,71 Jahre, verh.), wohnhaft in München, habe einen Bruder (Witwer,82 Jahre), wohnhaft in Düsseldorf. Durch einen zweiten Todesfall innerhalb von drei Jahren in der Familie meines Bruders bin ich nun noch der einzige Familienangehörige. Sollte mein Bruder vor mir sterben, stellen sich für mich im Augenblick vier Fragen. Kann ich als Bruder die Wohnung betreten, um die letzten Dinge zu regeln ohne dass ich damit eine Erbschaft eingehe? Gibt es in diesem Fall für die Mietwohnung ein Sonderkündigungsrecht? Zahlt die Deutsche Rentenversicherung noch wie üblich die Rente drei Monate, um anfallende Kosten für Beerdigung und Wohnungsauflösung ect. damit zu decken. Kann ich die ganze Angelegenheit anonym der Stadt Düsseldorf überlassen? Zum heutigen Stand würde ich die Erbschaft ausschlagen."
Markus Kühn: Als (vorläufiger) Erbe Ihres Bruders könnten Sie die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn Sie sie – auch schlüssig – annehmen. Eine Ausschlagung muss überdies innerhalb von sechs Wochen erklärt werden. Eine schlüssige Annahmeerklärung wäre in angemessenen Fürsorgemaßnahmen für den Nachlass (z.B. Kontensperrung, Antrag auf Testamentseröffnung) noch nicht zu sehen. Gleiches gilt grundsätzlich auch zum Beispiel für den Abschluss von Verträgen im Zusammenhang mit der Beerdigung, der Reparatur von Nachlassgegenständen und der Abwicklung von Verträgen des Erblassers und Nachlassverbindlichkeiten. Die Abgrenzung zur stillschweigenden Annahme der Erbschaft kann im Einzelfall allerdings problematisch sein. Eine Haftung gegenüber dem späteren (nach Ausschlagung) tatsächlichen Erben kommt dann in Betracht, wenn bei objektivierter Betrachtung die Geschäfte des vorläufigen Erben nicht dem mutmaßlichen Willen und Interesse eines verständigen und sorgsamen Erben entsprechen. Wenn keine versorgungsberechtigte Personen mehr vorhanden sind, endet die Rente überdies mit dem Todesmonat. Wenn Sie die Erbschaft ausschlagen, wird der Fiskus Erbe, wenn es keine anderen gesetzlichen Erben mehr gibt. Bis zur Annahme der Erbschaft oder Ermittlung eines Erben hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, wenn ein Bedürfnis dafür besteht. Dazu kann es unter anderem auch einen Nachlasspfleger bestellen.
Marlies G.: "Ich habe meinem Sohn 1996 eine Eigentumswohnung überschrieben, mir aber den Nießbrauch einräumen lassen. Mein Sohn hat eine Schwester und einen Stiefbruder. Ich bin geschieden, mein Ex-Mann lebt in Ungarn. Er hat in zweiter Ehe einen Sohn. Welche Erbfolge würde eintreten, wenn mein Sohn stirbt und kein Testament hat? Wie sollte sein Testament aussehen, wenn er seine Lebenspartnerin absichern möchte? Der Vater soll nichts erben. Der Wert der Wohnung beträgt etwa 150 000 Euro."
Markus Kühn: Wenn Ihr Sohn kein Testament erstellt, würde bei seinem Tod die gesetzliche Erbfolgeregel eintreten. Das hätte zur Folge, dass, wenn er eigene Kinder hat, diese als gesetzliche Erben erster Ordnung erben würden. Hat er keine Kinder, würden Sie und Ihr Exmann als Erben zweiter Ordnung je zur Hälfte von Ihrem Sohn erben. Solange Sie beide leben, hätten die Schwester und der Stiefbruder auch keinen Erbanspruch. Die Lebenspartnerin Ihres Sohnes hat kein gesetzliches Erbrecht. Um diese abzusichern, müsste Ihr Sohn sie in einem Testament allein oder neben anderen als Erbin einsetzen oder Ihr mittels eines Vermächtnisses etwas zukommen lassen. Um keine streitträchtige Erbengemeinschaft entstehen zu lassen, empfiehlt es sich häufig, einen Alleinerben einzusetzen und anderen Personen nur über Vermächtnisse etwas zukommen zu lassen. Ein Vermächtnis ist ein Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den Erben. Wenn Ihr Sohn seinen Vater testamentarisch enterbt, würde diesem ein Pflichtteilsanspruch zustehen. Dieser Anspruch bestünde allerdings grundsätzlich nicht, wenn Ihr Sohn im Erbfall eigene Kinder hätte. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbes und ist ein Geldanspruch gegen den oder die Erben.
Gerhard R.: "Ich bin unverheiratet und kinderlos, habe jedoch insgesamt 21 Vettern und Basen. Sind diese gleichberechtigte Erben, wenn ich sterbe und kein Testament hinterlasse? Und wer teilt das Vermögen auf? Ich werde von meinen Eltern vier Immobilien und Geld erben."
Markus Kühn: Wenn Sie kein Testament erstellen, käme bei Ihrem Tod die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Danach sollen grundsätzlich die nächsten Verwandten Erben werden. Die verschiedenen Verwandschaftsgrade werden in sogenannte Ordnungen eingeteilt. In diesem Ordnungssystem schließt ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung alle Verwandte der nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge aus. Zur ersten Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, zur zweiten seine Eltern und deren Abkömmlinge. Der dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Tanten/ Onkel bzw. Cousinen und Cousins an. Würde also ein Elternteil von Ihnen Sie überleben, würde dieses als zur zweiten Ordnung gehörend alle anderen Verwandten von der Erbfolge ausschließen. Ab der zweiten Ordnung gilt überdies das sogenannte Linienprinzip. Jeder Eltern- bzw. Großelternteil bildet mit seinen Nachkommen eine Linie und jede Linie erbt zu gleichen Teilen. An die Stelle des Großvaters/ der Großmutter mütterlicherseits und väterlicherseits treten dann deren jeweilige Abkömmlinge. Hat ein Großelternteil auch aus einer anderen Ehe Kinder mit in die Ehe gebracht, erben diese bzw. deren Abkömmlinge nur aus der Linie von diesem Großelternteil. Cousins/Cousinen, die aus einer anderen Beziehung eines Großelternteils abstammen, würden also die geringsten Quoten erhalten. Ohne Testament würden aber alle 21 Verwandte der 3. Ordnung mit ihrer jeweiligen Erbquote eine Miterbengemeinschaft am gesamten Nachlassvermögen bilden. Dies wäre sehr streitträchtig und unpraktikabel. Sie sollten daher dringend eine testamentarische Regelung treffen.
Sigrid G.: "Mein Sohn ist 2005, mein Ex-Mann 2008 gestorben.Unser Sohn war nicht verheiratet und hatte keine Kinder,ein Testament existiert auch nicht.Unser Sohn hatte eine Eigentumswohnung vermietet.Er wohnte bis zum Tod bei mir. Da ich nicht wusste,wo mein Ex-Mann wohnt,weil wir seit 1979 geschieden sind,konnte ich ihn erst 2 1/2 Monate später über den Tod unseres Sohnes informieren,was ihn aber überhaupt nicht interressierte.Mit der Wohnung wollte er nichts zu tun haben,und er hat mir eine Vollmacht geschickt (ohne notarrielle Bestätigung? Gearbeitet hatte er auch noch nie,nur schwarz.Nun bekam ich nach dem Tod meines Ex-Mannes von einer Anwältin Post,die Unterlagen von mir in seiner Wohnung gefunden hat,und nun von mir Geld fordert. Kann die Rechtsanwältin von mir Geld verlangen? Da es keine Erben meines Ex-Mannes gibt,sagte sie,der Staat wäre Erbe.Der Staat erbt nur Guthaben und keine Schulden sagte sie. Kann das stimmen?"
Markus Kühn: Sie und Ihr Ex-Mann sind jeweils zur Hälfte Erben Ihres Sohnes geworden. Das bedeutet, Sie bildeten eine Miterbengemeinschaft und waren je hälftig auch an der Eigentumswohnung beteiligt. Eine Erbengemeinschaft ist grundsätzlich auf eine Auseinandersetzung, also auf eine Verteilung des Nachlasses unter den Erben ausgerichtet. Sie kann dergestalt erfolgen, dass der Nachlass veräußert und der Erlös geteilt wird oder die Erben einigen sich einvernehmlich im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrages über die Verteilung der Nachlassgegenstände. Sofern sich im Nachlass aber eine Immobilie befindet, bedarf der Auseinandersetzungsvertrag der notariellen Beurkundung. Die Vollmacht Ihres Ex-Mannes sollte Ihnen vermutlich auch nur das Recht zur alleinigen Verwaltung der Immobilie geben. Wenn Ihr Ex-Mann jetzt ohne Erben gestorben ist, ist gesetzlicher Erbe das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Dem Fiskus steht kein Ausschlagungsrecht zu. Die Erbenhaftung des Fiskus ist auf den vorhandenen Nachlass beschränkt, der Staat übernimmt also keine Schulden des Erblassers, die den Wert der Erbschaft übersteigen. Da Sie jetzt statt mit Ihrem Ex-Mann zusammen mit dem Fiskus eine Miterbengemeinschaft an der Wohnung Ihres Sohnes bilden, müssen Sie nun mit dem Fiskus die Auseinandersetzung durchführen.
Elke B.: "Mein verstorbener Exmann und ich haben drei gemeinsame, erwachsene Kinder. Die Mutter meines Exmannes ist sehr vermögend. Außer ihr lebt nur noch die kinderlose Schwester meines Exmannes. Haben meine Kinder einen Erbanspruch (Pflichtteil), wenn die Großmutter verstirbt oder erbt das gesamte Vermögen die Schwester meines Exmannes? Es gibt sonst keine weitere Verwandschaft, außer zweier Großnichten meiner Exschwiegermutter."
Markus Kühn: Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (sog. Erbfolge nach Stämmen). Das bedeutet hier: Sofern Ihre Schwiegermutter keine abweichende testamentarische oder erbvertragliche Regelung getroffen hat, würden die Schwester Ihres Exmannes die eine Hälfte und die an die Stelle Ihres Exmannes getretenen Kinder die andere Hälfte erben. Nach der gesetzlichen Erbfolge würden Ihre Kinder also zu je 1/6 Erben Ihrer Schwiegermutter. Die Großnichten kämen nicht zum Zuge, da sie einer entfernteren Erb-Ordnung angehören und durch die Erben vorgehender Ordnungen von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind. Sofern Ihre Ex-Schwiegermutter Ihre Kinder durche eine Verfügung von Todes wegen enterben würde, bliebe Ihren Kindern ein Pflichtteilsanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils, hier also je 1/12. Diesen könnten sie gegen den oder die Erben geltend machen.
Joachim D.: "Ich habe folgende Frage bezüglich der Erbanteile: Die Erblasserin hat keine direkten Nachkommen und es wurden folgende vier rechtmäßigen Erben ermittelt:
Väterlicherseits: zwei Cousins der Erblasserin und ein Neffe 2. Grades der Erblasserin. Mütterlicherseits: eine Tante 2. Grades der Erblasserin. Wie erfolgt hier die Erbteilung bzw. wer erhält welchen Erbanteil?"
Markus Kühn: Da die Erblasserin offensichtlich nicht testamentarisch geregelt hat, wer sie beerben soll, kommen die gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge zur Anwendung. Danach sollen neben dem Ehegatten grundsätzlich die nächsten Verwandten Erben werden. Wer dabei zum Zuge kommt, bestimmt sich durch die Zugehörigkeit des Verwandten zu einer sogenannten Ordnung. In diesem Ordnungssystem schließt jeder Verwandte einer vorhergehenden Ordnung alle Verwandten der nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge aus. Zur ersten Ordnung gehören die Abkömmlinge des Erblassers, zur zweiten seine Eltern und deren Abkömmlinge, also insbesondere Geschwister, Nichten und Neffen. Der dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge an, der vierten die Urgroßeltern und deren Abkömmlinge. Innerhalb einer Ordnung schließt ein noch lebender Abkömmling die erst durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Ein entfernterer Abkömmling tritt erst dann an die Stelle des näheren Abkömmlings, wenn dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls weggefallen ist. Das bedeutet hier: Die Cousins und der Neffe 2. Grades (Sohn eines Cousins oder einer Cousine) gehören der 3. Ordnung an. Die Tante 2. Grades gehört als Tochter eines Geschwisters eines Großelternteils zur 4. Ordnung. Sofern der Neffe 2. Grades ein Sohn eines bereits verstorbenen Cousins oder einer Cousine der Erblasserin ist, erbt er neben den beiden Cousins jeweils ein Drittel, da er dann an die Stelle des/der vorverstorbenen Cousins/Cousine tritt.
Herta St.: "Mein Mann und ich haben eine GbR mit jeweils 50 Prozent für das geschäfts- und Privatvermögen. Wir haben eine gemeinsame Tochter. Wie verhält es sich im Erbfall, wenn einer von uns beiden stirbt? Wir haben kein Testament."
Markus Kühn: Grundsätzlich sind Anteile an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht vererblich, denn eine GbR wird gemäß § 727 BGB mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst. Dieser gesetzliche Regelfall kann jedoch durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden, wonach die Gesellschaft bei Tod eines Gesellschafters fortgesetzt wird (sog. Fortsetzungsklausel). Allerdings muss eine GbR aus mindestens zwei Gesellschaftern bestehen. Sie als Gesellschafter können aber im Gesellschaftsvertrag mit einer sog. Nachfolgeklausel die Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils vereinbaren oder haben dies vielleicht bereits getan. Der Gesellschaftsanteil geht dann mit Tod des Gesellschafters auf die Erben über, Gesellschafter wird jeder Miterbe einzeln entsprechend seiner Miterbenquote. Wer nachfolgeberechtigter Erbe ist, bestimmt sich, wenn kein Testament vorliegt, nach den gesetzlichen Regelungen zur Erbfolge. Das wären hier der überlebende Ehegatte und Ihre Tochter. Bestehen beim Tod eines Ehegatten-Gesellschafters keine gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelungen, erfolgt wie gesagt die Auflösung der GbR, die dann abgewickelt wird. Die Erben und der verbliebene Gesellschafter werden Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft mit einem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.
Robert H.:"Aus erster Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Der Sohn ist mit 48 Jahren plötzlich verstorben. Er hinterlässt eine Ein-Mann-GmbH, ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Erbberechtigt sind beide leiblichen Eltern zu je 50 Prozent. 42 Jahre hat die leibliche Mutter keinen Kontakt zum Erblasser. Der Erblasser wurde mit sechs Jahren und seine ein Jahr ältere Schwester von meiner jetzigen Frau und mir versorgt und aufgezogen. Zuvor waren die Kinder der Mutter wegen Tötungsabsichten weggenommen worden und kamen kurz in ein Kinderheim. Jahre später wurde die Mutter wegen Misshandlung weiterer Kinder aus zweiter Ehe zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Wer wird beim Erfolg einer Erbunwürdigkeitsklage gegen die leibliche Mutter gesetzlicher Erbe? Wem wird der Erbteil der leiblichen Mutter als Verfügungsberechtigter zugeteilt?"
Markus Kühn: Wenn die leibliche Mutter durch das Gericht für erbunwürdig erklärt werden würde, würde sie aus der Erbfolge wegfallen. Das hätte zur Folge, dass sie für die Bestimmung der Erbquoten so behandelt würde, als wäre sie bereits vorverstorben. Dann würden nach § 1925 Abs. 3 BGB der Vater und die Schwester des Erblassers je zur Hälfte erben. Die Erbunwürdigkeitsgründe sind in § 2339 BGB erschöpfend aufgezählt: Versuchte oder vorsätzliche Tötung des Erblassers, vorsätzliche und widerrechtliche Hinderung des Erblassers (auch durch Täuschung oder Drohung) ein Testament zu erstellen sowie Begehung eines Urkundsdeliktes an einem Testament des Erblassers. Bitte beachten Sie gegebenenfalls, dass die Erbunwürdigkeit innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden muss. Hätte der Erblasser vermeiden wollen, dass seine leibliche Mutter etwas erbt, hätte er dies (bis auf den Pflichtteil) auch durch ein Testament leicht verhindern können. Auch bei einer Adoption des Erblassers durch ihre jetzige Frau wäre das Verwandtschaftsverhältnis zu der leiblichen Mutter und damit ihr gesetzliches Erbrecht entfallen.
Christl L.: "Ich bin geschieden, mein Ex-Mann ist wieder verheiratet (daraus keine Kinder), mein Ex-Mann und ich haben zwei gemeinsame volljährige Kinder, mein Ex-Mann und ich haben Grundbesitz, der uns gemeinsam gehört.
1) Wer erbt, wenn mein Ex-Mann stirbt?
2) Wer erbt, wenn ich sterbe?
3) Falls die jetzige Ehefrau meines Ex-Mannes erben sollte, kann dies durch einen Vertrag (z.B. Notar-) ausgeschlossen werden?"
Markus Kühn: Sofern kein Testament vorliegt, würden nach der gesetzlichen Erbfolge im Falle des Todes Ihres Ex-Mannes dessen jetzige Ehefrau und Ihre beiden Kinder Erben werden. Wenn Ihr Ex-Mann mit seiner jetzigen Ehefrau im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, erbt seine Frau die Hälfte, Ihre Söhne je ein Viertel seines Vermögens. Bei Gütertrennung würden alle drei je ein Drittel erben. Die Erben Ihres Ex-Mannes sind dann entsprechend ihrer Erbquote auch an dem Anteil Ihres Mannes am Grundbesitz beteiligt.
Im Falle Ihres Todes wären nur Ihre Kinder gesetzliche Erben zu je ½. Ihrem geschiedenen Ex-Gatten steht kein gesetzliches Erbrecht zu.
Die jetzige Ehefrau würde also nur Erbin Ihres Ex-Mannes werden und auch dann nur entsprechend Ihrer Erbquote an dem Anteil Ihres Ex-Mannes am gemeinsamen Grundbesitz von Ihnen und Ihrem Ex-Mann beteiligt. Wenn Ihr Ex-Mann nur Ihre Kinder als Erben Ihrer gemeinsamen Immobilie haben wollte, könnte er dies in einem Testament beispielsweise mittels Anordnung von Vermächtnissen oder einer Teilungsanordnung regeln.
Hinweis:
Das deutsche Erbrecht behandelt eine Vielzahl von Situationen, in denen Erbansprüche und -regelungen eine Rolle spielen. Dies umfasst Fälle von Gütertrennung, Erbunwürdigkeit, Testamenten, Erbfolge in Patchwork-Familien und Besonderheiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die gesetzliche Erbfolge und testamentarische Anordnungen können dabei zu verschiedenen Ergebnissen führen. Für spezifische Fälle und individuelle Erbschaftssituationen ist eine genaue Betrachtung und eine rechtliche Beratung empfehlenswert.
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